- Konventionelle Geschäftsmodelle der Privatbanken und Asset Manager sind bedroht
- Digitalisierung erlaubt Privatanlegern zu investieren wie Hedgefonds
- Regionale Fokussierung und Produktspezialisierung als Chance für Asset Manager
Digitale Asset Manager, die sogenannten „Robo-Advisors“, sind im Vormarsch. Vorreiter dieser Entwicklung sind aufgrund ihrer stark kapitalmarktgeprägten Asset Management-Tradition die USA: Unter den zehn größten digitalen Vermögensverwaltern befinden sich acht US-Amerikaner mit einem verwalteten Gesamtvermögen von rund 105 Mrd. US-Dollar. In Deutschland ist Scalable Capital der größte Anbieter mit einem verwalteten Gesamtvermögen von rund 600 Mio. US-Dollar. Dies zeigt eine aktuelle Analyse des Wiener Consulting-Unternehmens Advicum. „Angesichts dieser Entwicklung werden sich Asset Manager in Zukunft stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren müssen, sich direkter in den Investmentprozess einbringen und die Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, aktiv nutzen. Andernfalls ergeht es ihnen wie vielen Mitarbeitern an einem Bank-Schalter: Sie werden nach und nach in ihren Tätigkeiten beschnitten und letztlich ganz durch Maschinen ersetzt werden“, betont Martin Keitel, Finance Advisor von Advicum.
Digitalisierung zwingt zur Innovation
„In erster Linie sind alle althergebrachten Geschäftsmodelle der sogenannten ‚Privatbanken‘ oder ‚Plattformen‘ bedroht. Schließlich sind die Performance-Benchmarks digitaler Asset Manager kaum zu schlagen“, so Keitel. Durch digitales Asset Management können zudem Gebühren gegenüber Standardprodukten effektiv eingespart werden, die daraus frei werdenden Mittel und Ressourcen stehen für anspruchsvollere Investmentprojekte zur Verfügung. Dies fördere die Produktinnovation, verlange von Asset Managern aber auch ein wesentlich intensiveres Engagement in der Beratung der Kunden bei Investmententscheidungen.
Es gelte im Asset Management, Ressourcen und Kompetenzen künftig sinnvoller zu nutzen, meinen die Advicum-Experten. Um als Asset Manager erfolgreich zu bleiben, müsse man seinen Kunden besondere Investments abseits des Mainstreams anbieten, beispielsweise im Private Equity oder Immobilieninvestment-Bereich. Gerade dieser Zugang zu praktikablen und attraktiven Investments abseits der marktüblichen „Glücksritterei“ erfordere aber besonderes Know-how und binde entsprechend Ressourcen.
Digitale Immobilien-Investments und Kredit-Plattformen
Wie rasch die Digitalisierung voranschreitet, ist besonders gut im Bereich der Immobilieninvestments erkennbar. Portale wie Exporo oder Zinsland werben Mezzanine-Kapital für Immobilienprojekte ein, das eine Laufzeit bis zu 30 Monaten und eine Verzinsung um die 5,0% p.a. aufweist. Ähnlich verhält es sich mit den stark wachsenden Kreditplattformen, wie smava oder mintos, die direkte Investments in weltweit gehandelte Kredite ermöglichen.
Digitalisierung macht Privatanleger zu Hedgefonds
Waren diese Art von Investments in der Vergangenheit aufgrund der damit verbundenen administrativen Aufwendungen und hohen Risiken nur für wenige, qualifizierte Anleger mit sehr großen Vermögen zugänglich, so erlaubt die Digitalisierung zunehmend semi-institutionellen und privaten Anlegern den Einstieg in diese Investments. Dies führt dazu, dass die Benchmarks deutlich nach oben verschoben werden, da die Digitalisierung selbst kleinste Losgrößen kostenseitig nahezu neutral darstellbar macht. Man könnte auch sagen, dass die Digitalisierung jeden Privatanleger zum Hedgefondsmanager macht.
„Bemerkenswert ist vor allem die Geschwindigkeit, die aus heute etabliert geglaubten Geschäftsmodellen die ‚Unternehmenszombies‘ von morgen macht“, so Advicum Berater Keitel. Wer dies erkenne und daraus die richtigen Konsequenzen ziehe, habe aber beste Chancen, die Konsolidierung des Marktes für Asset Manager positiv zu nutzen.
Chancen für Asset Manager
„Eine interessante Strategie für Asset Manager stellt die regionale Fokussierung dar“, empfiehlt Keitel: Asset Manager bieten ihren Kunden Investments verschiedener Klassen mit einer gemeinsamen regionalen Verbindung an, beispielsweise Immobilienkredite, Unternehmensbeteiligungen oder Projektfinanzierungen innerhalb einer bestimmten Region, z.B. Österreich. Auch eine Produktspezialisierung als zusätzlicher Channel für Asset Manager könne vielfältig ausgestaltet sein, setze allerdings entsprechende Risikoprofile der Investoren voraus. Denkbar wäre – analog zu Venture Capital Finanzierungen – beispielsweise die Finanzierung von Unternehmensnachfolgen, Zwischenfinanzierungen von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen mit einem bestimmten Branchenfokus.
Die Top 10 im digitalen Asset Management:
Nr | Land | Verwalter | AuM (in $ Mio.) | Marktanteil |
1 | US | Vanguard | 65.000 | 60,1% |
2 | US | Schwab Intelligent Portfolios | 16.000 | 14,8% |
3 | US | Betterment | 10.000 | 9,2% |
4 | US | Wealthfort | 8.218 | 7,6% |
5 | US | Personal Capital | 5.500 | 5,1% |
6 | US | Future Advisor (Blackrock) | 969 | 0,9% |
7 | UK | Nutmeg | 751 | 0,7% |
8 | US | AssetBuilder | 671 | 0,6% |
9 | DE | Scalable Capital | 600 | 0,6% |
10 | CAN | Wealthsimple | 574 | 0,5% |
Summe | 108.283 | 100% |
Dieser Report wurde auch in der aktuellen Ausgabe des FONDSexklusiv aufgegriffen. (Artikel: Wenn der digitale Druck wächst)