Seit 1998 findet die Expo Real jährlich in München statt. In den Anfangsjahren waren sich die Experten eigentlich immer über die rosige Zukunft der Immobilienwelt einig. Margen und Preise konnten gar nicht hoch genug sein. Investiert wurde überall – der Bedarf an Flächen war ungebrochen. Man konnte nicht verlieren! 2008 – der große Schlag, die unverletzliche Branche wurde durch wilde Spekulationen in den Abgrund gerissen. Man wollte es nicht wahr haben – doch es war Realität. Alle haben versichert, dass so etwas nie mehr passieren wird und sich die Branche nun selbst an die Kandare nimmt.
Doch wie schaut es heute – nur ein paar Jahre später – in der Branche aus? Die Traditionsmesse Expo Real bietet den idealen Rahmen für einen Marktüberblick. Als Traditionalisten und Teilnehmer der ersten Stunde wagen wir eine Einschätzung der Stimmung und der aktuellen Trends und Entwicklungen. Mit mehr als 15 Jahren Immobilienerfahrung führt unsere Bewertung und Einschätzung der Aussagen der Marktteilnehmer zu folgendem, klaren aber kritischen Fazit:
- Haben wir etwas aus der Krise gelernt?
Grundsätzlich nein. Die Branche treibt sich selbst wieder voran. In ausgewählten Sektoren und Ländern werden wieder Preise bezahlt, die im Grunde nicht zu rechtfertigen sind. Vor allem im Residential Bereich werden teilweise Multiplier jenseits der 30 bezahlt. Ist dies gesund? Keiner wagt es, über Blasenbildung zu sprechen, die Argumente gegen eine drohende Blase haben einen Höchststand an Kreativität erreicht. Man hört immer öfter von Nischeninvestments – früher bezeichnete man solche als „Schrott“…
Sehr kritisch aus unserer Sicht ist die Kombination Residential – Metropole. In der Schweiz überlegt man, Finanzierungen für den Residential Bereich unabhängig der aktuellen Zinslage zu verteuern.
Wir sind überzeugt, dass die Erfahrungen der vergangenen Jahre längst wieder verblasst sind. Die Branche wird durch das hungrige Kapital vorangetrieben. Neue und risikofreudige Marktteilnehmer üben massiven Druck auf die erfahrenen und respektvollen Marktgrößen aus. Crash 2.0 ist vorprogrammiert. - Wie wirkt sich die aktuelle Lage auf die Branche aus?
Die Einschätzungen zur aktuellen Lage sind grundsätzlich gut. So sehen rund 50% der Befragten weiterhin steigende Preise im Residential Bereich – nur gerade 5% sehen in den nächsten Jahren einen Rückgang. Ist diese Einschätzung real oder müssen wir einfach positiv denken? Wenn die Einschätzung richtig sein sollte, treiben wir den Markt weiter vor uns her, die Preise steigen. Sollten wir hier nicht einen Aha-Effekt haben? Gewaltige Wohnbauprogramme werden gestartet, Wohnraum wird geschaffen, die Preise steigen weiter, die Investitionslust ist ungebrochen. Demografisch bedingte Erklärungen dafür halten nicht einmal einer kurzen kritischen Betrachtung stand.
Erste Kritiker sehen jedoch Wolken am Horizont aufziehen – allerdings werden sie offenbar vorerst nicht wahrgenommen. Oder werden sie, wie auch 2007, nicht ernst genommen? Wiederholt sich der big bang?
Die Branche wird jedoch nicht nur durch die Preisspirale der Immobilien beeinflusst. Der Dienstleistermarkt kommt in Bewegung. Immobiliendienstleister verschiedenster Ausrichtungen werden ge- und verkauft, die Branche konsolidiert sich, die Bewirtschaftungskosten stehen unter extremen Druck bei gleichzeitiger Forderung nach Qualität. Auch Forderungen nach Ausbildungs- und Qualitätsstandards für Property Manager werden laut. Konzerne fokussieren sich auf ihr Kerngeschäft. Die Wertschöpfungsketten entlang der Immobilienbewirtschaftung sind zu lang geworden. Qualitätsprobleme wurden nicht gelöst – gestellte Anforderungen konnten nicht erfüllt werden, das Preis-Qualität Spannungsverhältnis hat deutliche Spuren hinterlassen. Bewirtschaftungsmodelle werden komplett neu durchdacht. Bewirtschaftungsmandate großer Portfolien mit lang laufenden Verträgen kommen nach der Outsourcing-Welle wieder auf den Markt. Dienstleisterwechsel ist aufwändig und teuer, aus den Erfahrungen der letzten Jahre wurde viel gelernt, die Anforderungen an die Bewirtschaftung ändern sich und das wird am Markt deutlich zu spüren sein. Veränderungen sind vorprogrammiert – sowohl in der Auswahl der Partner als auch in der Art der Bewirtschaftung. - Welche Veränderungen stehen uns bevor?
Viele Gespräche haben gezeigt, dass Veränderungen bevorstehen. Vor allem im Dienstleistermarkt konnten in den vergangenen Jahren nicht die Fortschritte erzielt werden, die erforderlich gewesen wären. Die Veränderung wird sich durch eine klare Marktkonsolidierung zeigen. Die ersten Dienstleister sind verkauft – die nächsten bereiten sich darauf vor. Leistungsspektren werden bereits im Hintergrund neu definiert und zur Ausschreibung vorbereitet. Das Verständnis von All-in Providern wird sich deutlich verändern, neue Player werden mit neuen und überzeugenden Angeboten den Markt herausfordern. Diese Veränderungen kristallisieren sich entlang der gesamten Leistungskette vor dem Damoklesschwert einer platzenden Blase heraus.
FAZIT: Der Markt bleibt spannend. Die Preise werden uns die Richtung zeigen und die Dienstleister stehen vor einer harten aber gesunden Korrektur!