Fertighausmarkt – verhungern vor den vollen Näpfen?
- Enormes Marktwachstum der Fertighausindustrie bei steigenden Rohstoffpreisen zu beobachten
- Erhöhte Kosten führen zu schlechten Margen und Verlusten verursacht durch Fixpreise
Die Pandemie hat die Nachfrage nach Wohnraum weiter befeuert. Die Preise für Grund und Boden sowie für Wohnungen und Häuser steigen immer weiter – ein Ende ist nicht in Sicht. Auch die Anforderungen an dem nachgefragten Wohnraum haben sich verändert: Mehr Raum ist gefragt. Ein extra Zimmer für das Büro, Garten, Balkon, Terrasse. Diese Veränderungen schlagen sich auch in den Auftragsbüchern der Bauindustrie nieder. Die Bücher sind voll – Vorlaufzeiten von 12 – 18 Monaten sind an der Tagesordnung, wenn man denn als Kunde und Auftraggeber noch akzeptiert wird. Der Hunger der Bauindustrie ist groß und die Rohstoffpreise steigen in astronomische Höhen. Preissteigerungen von 30 – 40% für Baustoffe sind normal und manche Baustoffe kann man kaum noch beziehen – selbst wenn man bereit ist viel dafür zu bezahlen.
Glück und Pech liegen hier nahe zusammen: Die einen erleben einen unglaublichen Aufschwung und profitieren von der Nach-Corona-Phase (Nachholeffekte und veränderter Lebenswandel) und die anderen können sich den Wohnraum nicht mehr leisten. In der DACH Region sind die Immobilienpreise konsequent gestiegen und in der Schweiz spricht man derzeit schon davon, dass sich für die „junge Generation“ den Traum vom Eigenheim bereits ausgeträumt hat. Doch wenn man nun denkt, dass alle vollen Auftragsbücher den Weg zum Erfolg pflastern, dann liegt man leider nicht ganz richtig.
Gerade in der Fertighauswelt schlägt nun die Kostenfalle mit voller Wucht zu. Der Markt wächst, der Anteil der Fertighäuser am Bauvolumen stieg 2020 um weitere 3%. In den vergangenen 12 – 18 Monaten konnten somit die Bücher mit Kundenaufträgen gefüllt werden. Dies zum Glück der Kunden zu Fixpreisen und klaren Zeitschienen. Nun beginnt sich das Rad jedoch zu drehen. Volle Auftragsbücher ohne Möglichkeit zur Preisanpassung führen zu schlechten Margen und in weiterer Folge auch zu Verlusten. Sind vielleicht die Sieger von 2020, die Verlierer von 2021? Die Verkaufspreise reichen vielfach nicht um die Kosten zu decken. Erste Angebote gehen in den Markt bei denen den Kunden Geld angeboten wird, wenn sie vom Kaufvertrag zurücktreten. So sollen die Schäden und die Verluste reduziert werden. Gelingt dies nicht, wird es für manche schwer und der Gang zur Bank wird folgen. Ein „Déjà-vu“ Effekt, den wir gerade in der Nach-Corona-Phase nicht wirklich brauchen können. Welche Möglichkeiten gibt es aus diesem Dilemma? Leider nicht wirklich viele, da die Branche auch in den vergangenen Jahren generell nicht mit hohen Gewinnen glänzen konnte. Die Ausnahmen bestätigen jedoch auch hier die Regel: Sollten entsprechende finanzielle Puffer nicht gut gegeben sein, wird es allerdings schwierig. Die Banken haben ihre Einschätzungen über die vergangenen Jahre gemacht und sie geschärft. Die Kunden werden wohl nicht freiwillig höhere Preise für ihre Häuser zahlen wollen und wesentliche Einsparungen bei den bekannten Preissteigerungen werden kaum möglich sein. Somit heißt es wohl einmal mehr „Augen zu und durch“.
Es kann passieren was keiner aufgrund der vollen Auftragsbücher glauben will: das eine oder andere Unternehmen könnte doch glatt bei vollen Näpfen verhungern. Die Zeit wird es weisen und im Herbst sehen wir klarer.
Daniel Knuchel
Equity Partner
Die konsequente Veränderung ist unser Leben.
Stillstand führt zu Rückschritt.