In Österreich hat sich die Fortbestehensprognose mittlerweile als das Instrument etabliert, mit dem die Sanierungsfähigkeit von Unternehmen in der Krise dargelegt bzw. beurteilt wird. Die Informationen aus der Fortbestehensprognose werden von den Adressaten der Fortbestehensprognose bei der Definition ihrer individuellen Strategie (mehr oder weniger) berücksichtigt. Da es bei dem Thema Fortbestehensprognose um nichts Geringeres geht als um die Frage von „Leben und Tod“ von Unternehmen, ist an die Bearbeitung dieses Themas ein höchstmöglicher Qualitätsanspruch zu stellen.
Wir haben in unserem letzten Newsletter herausgearbeitet, welche Probleme und Schwächen wir in unserer täglichen Praxis sehen und daraus Empfehlungen für Unternehmer abgeleitet. Wir empfehlen im Falle einer Krisensituation einen umsetzungsstarken Sanierungsberater zu konsultieren, der
- das Vertrauen ihrer Finanzgläubiger genießt und mit dem Thema Fortbestehens prognose professionell umgehen kann,
- der Krisenursachenanalyse sowie der Erarbeitung und Umsetzung von geeigneten, operativen Sanierungsmaßnahmen sein Hauptaugenmerk schenkt,
- gemeinsam mit dem Unternehmen eine angemessene und erfolgsversprechende Sanierungsstrategie erarbeitet und umsetzt, sowie in der Lage ist,
- auf Basis seiner Erhebung der zukünftigen Chancen und Risiken mittels geeigneter Simulationstechnik planungskonsistent Schlüsse auf die Erfolgswahrscheinlichkeit der empfohlenen Sanierungsstrategie zu ziehen.
Wir haben uns auch dafür eingesetzt, dass sich die Arbeitsgruppe Fortbestehensprognose der Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit der Frage der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eingehender beschäftigt und darauf hingewiesen, dass es in der Praxis daran krankt, dass diese oft nicht gegeben ist. Wir haben positive Erfahrungen mit der quantitativen Risikoeinschätzung zur Berücksichtigung der Planungsunsicherheiten und Abschätzung der planungskonsistenten Abschätzung der Insolvenzwahrscheinlichkeit über den Einsatz der Monte Carlo Simulation. Ob die Arbeitsgruppe unserem Anliegen folgen wird oder nicht, wird sich zeigen.
Wir möchten in diesem Newsletter erläutern, warum es unserer Einschätzung nach so wichtig ist, darauf zu achten, dass die den Fortbestehensprognosen zugrunde liegenden integrierten Planrechnungen realistisch sind und aus welchen weiteren Bausteinen die Fortbestehensprognose 2.0 – wie sie von Advicum am Markt angeboten wird – besteht.
Die Motivation
Sanierungen sollen in Zukunft nicht mehr daran scheitern, dass
- der Ersteller des Konzeptes mehr Zahlenmensch bzw. Gutachter als Sanierer ist und zu wenig Veränderungswillen und -kraft im Konzept steckt.
- – Es braucht Denker und Macher!
- es unerkannt bleibt, wenn das Management der Sanierung nicht gewachsen ist.
- – Dieser Umstand muss erkannt und adäquat behoben werden!
- grundsätzlich sanierungsfähige Unternehmen mangels Liquidität keine Chance haben, sich aus ihrer Situation zu manövrieren.
- – Es geht um die Frage, mit wieviel Geld welche Erfolgswahrscheinlichkeit der Sanierung verbunden ist und wer konkret dazu bereit ist, diese Mittel in dieser unsicheren Krisenphase zu investieren!
Unsere Lösung: Fortbestehensprognose 2.0
Die Pflicht im Rahmen einer Fortbestehensprognose liegt im Wesentlichen in der Erstellung einer „Integrierten Planung“. Aus unserer Sicht wird es jedoch zwingend erforderlich sein, diesen Kern durch die drei Bausteine
- Sanierungsmaßnahmen
- Managementaudit
- Simulationsbasierte Plausibilisierung (überwiegende Wahrscheinlichkeit)
abzurunden, so dass eine möglichst transparente und erfolgversprechende Prognose entstehen kann.
Sanierungsmaßnahmen
Vielfach kann beobachtet werden, dass zusammengestellte Sanierungsmaßnahmen nicht das bringen, was man sich erhofft hat. Erfahrungen aus unseren Projekten zeigen, dass Maßnahmen häufig zu optimistisch beurteilt werden. Nur in einem intensiven Expertendialog können diese Maßnahmen und deren Wirkung kritisch hinterfragt und beurteilt werden. Wir verstehen die Fortbestehensprognose als Chance für einen Neustart. Dieser ist aber nur möglich, wenn die Experten sich intensiv mit den Maßnahmen und Aktivitäten auseinandersetzen und deren Wechselwirkung verstehen. Dies bedeutet, dass im Rahmen von modernen Fortbestehensprognosen nicht nur die Auswirkungen der Maßnahmen im Rahmen der integrierten Planung betrachtet werden, sondern vielmehr die einzelnen Maßnahmen unternehmerisch und kritisch auf ihre Realisierbarkeit überprüft werden.
Bei Advicum sind erfahrene Turnaround Manager für die Definition und Einschätzung der Umsetzbarkeit der Sanierungsmaßnahmen verantwortlich. Bei der Quantifizierung der Maßnahmen in der integrierten Planrechnung der Fortbestehensprognose wird deren Einschätzung hohe Bedeutung beigemessen.
Managementaudit
Ein Baustein der vielfach vernachlässigt wird, ist das Managementteam. Im Rahmen von Fortbestehensprognosen sollte immer die Fragestellung erlaubt sein, ob das bestehende Managementteam auch für die Sanierung geeignet ist. Häufig verfügen Manager und/oder Unternehmer über keine Sanierungserfahrung. In diesen Fällen ist es notwendig, dass die relevanten Kompetenzen an Bord geholt werden. Im Rahmen von modernen Fortbestehensprognosen sollten die Managementstrukturen und Fähigkeiten analysiert und überprüft werden.
Aus Erfahrung muss hier jedoch festgehalten werden, dass genau diese Überprüfung und Validierung eines der schwierigsten Themen in Realität ist. Dies wird zusätzlich noch erschwert, wenn die Unternehmen eigentümergeführt sind. Stellt man jedoch den Erhalt des Unternehmens in den Vordergrund, müssen auch diese Themen aufgriffen und analysiert werden.
Bei der Fortbestehensprognose von Advicum ist die Durchführung eines Managementaudits ein weiterer zentraler Bestandteil unserer Arbeit. Wir haben ausschließlich positive Erfahrungen damit gemacht. Es gelingt, dieses heikle Thema zielorientiert und wertschätzend zu bearbeiten, Problemkonstellationen in angemessener Zeit zu lösen und die fallspezifischen Auswirkungen in der Planrechnung zu berücksichtigen.
Simulationsbasierte Plausibilisierung
Ein großes Problem in der aktuellen Praxis der Fortbestehensprognosen liegt darin, dass die Planrechnungen nicht realistisch, sondern oft positiv verzerrt sind. Daraus folgt, dass der Liquiditätsbedarf unterschätzt wird, die Finanzierung jedoch trotzdem darauf ausgerichtet wird. Dies führt dazu, dass in Wirklichkeit nicht die geforderte überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Sanierungsstrategie erreicht wird und viele Fortbestehensprognosen scheitern.
Es bedarf jedenfalls der Plausibilisierung der integrierten Planrechnungen. Das Verständnis von Advicum ist es, selbst dafür Sorge zu tragen, dass die der Fortbestehensprognose zugrunde liegende Planrechnung realistisch ist.
Wir plausibilisieren Planrechnungen, indem wir die Chancen und Risiken des Unternehmens analysieren, also je Planposition in Wahrscheinlichkeitsverteilungen denken. Wir identifizieren und quantifizieren Sachverhalte, die künftig zu Planabweichungen führen können (Fachbegriff: Risiken), verknüpfen diese mit der Planung und werten die Ergebnisse aus (Monte-Carlo Simulation). Dadurch gelingt es, Planrechnungen erwartungstreu (realistisch) auszurichten und darüber hinaus die Planungsunsicherheit (Planungsbandbreiten) darzustellen. Die Planungsbandbreiten stehen nun wieder im Zusammenhang mit der Frage, wieviel Liquidität das Unternehmen benötigt, um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu überleben.
Wozu das Ganze?
Stellen Sie sich vor, Sie haben nun eine Fortbestehensprognose vor sich liegen, in der realistisch gerechnet wurde. Mit vereinten Kräften ist das Unternehmen zwar sanierbar, jedoch kostet es eine Menge Geld, dies zu erreichen. Was nun?
Jetzt ist man bei der zentralen Frage der Sanierungswürdigkeit angelangt. Wer nimmt das Geld in die Hand? Banken tun sich erfahrungsgemäß schwer dabei. Dies obwohl ihnen die Arithmetik sogar oft entgegenkommen würde.
Stellen Sie sich vor, Sie stünden als Sanierungsmanager vor der Situation, dass Sie einen Kreditkunden in groben finanziellen Schwierigkeiten vor sich hätten. Wenn Sie das Unternehmen nicht weiter finanzieren würden, würde die Bank mit beinahe 100%iger Wahrscheinlichkeit EUR 2 Mio verlieren. Gemäß Fortbestehensprognose 2.0 bedarf es zusätzlicher Finanzierungsmittel in Höhe von TEUR 500, um mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (wir rechnen vereinfacht mit nur 50%) vom Fortbestand (bzw. vereinfacht: der Sanierung) des Unternehmens auszugehen. Würden Sie dieser Finanzierung zustimmen?
Wenn Sie an diese Angaben glauben, wäre es nicht abwegig, diese Strategie zu befürworten. Immerhin ist der Erwartungswert dieses risikobehafteten Investments unter Opportunitätsgesichtspunkten positiv (vereinfachte Berechnung: – 500 + 2.000 * 50% = + 500).
Dennoch, verfolgt man das Ziel, dass grundsätzlich sanierungsfähige Unternehmen nicht nur an mangelnder Liquidität zugrunde gehen sollen, bedarf es zusätzlicher Finanzierungslösungen, die über die reine Bankfinanzierung hinausgehen.
Autoren:
Daniel Knuchel – Partner bei Advicum Consulting GmbH
Martin Buchegger – Director bei TPA Horwath Unternehmensberatung GmbH