Die Immobilienbranche braucht Sicherheitsgurte für die kommende Zinswende
- Rechtzeitiger Umstieg auf Fixverzinsung ist sinnvoll
- Derivative Finanzinstrumente bieten Sicherheitsnetz
Ein Szenario steigender Finanzierungskosten für Immobilienkredite, ausgelöst durch künftige Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank, scheint unausweichlich. Über Zeitpunkt und Ausmaß wird viel diskutiert; trotz scheinbarer Entwarnung ist das Thema aber aktueller denn je. „Fakt ist, dass die Immobilienbranche exponiert wie kaum ein anderer Sektor ist“, betont Advicum Finanzexperte Michael Smutny. „Sicherheitsgute für steigende Immobilienfinanzierungen anzulegen“, sei daher ein Gebot der Stunde für den vorausschauenden Immobilienbestandhalter. Anderes als im Straßenverkehr gebe es dazu zwar keine gesetzliche Verpflichtung – die Prüfung und Anwendung unterschiedlicher Möglichkeiten ist aber aus Sicht von Advicum dringend anzuraten.
Heftiges Beben vorprogrammiert
Schon ein Anstieg der Leitzinsen um nur ein Prozent würde zu einem heftigen Beben am Immobilienmarkt führen, ist man bei den Unternehmensberatern am Wiener Bauernmarkt überzeugt. Wertverluste im zweistelligen Prozentbereich wären zu erwarten, Kreditausfälle seien vorprogrammiert. „Dementsprechend sollte man frühzeitig eine sinnvolle Strategie festlegen, um Projekte langfristig abzusichern. So biete die derzeit noch relativ flache Zinskurve eine gute Gelegenheit, rechtzeitig von einer variablen, indikatorgebundenen Finanzierung auf eine mehrjährige Fixverzinsung umzusteigen. Übliche Laufzeitbänder liegen zwischen 5 und 10 Jahren, gegebenenfalls werden auch längere Fixzinslaufzeiten gewährt.
„Alternativ dazu kann unter Einbeziehung derivativer Finanzinstrumente das heutige Zinsniveau für die Zukunft gesichert werden“, so Advicum-Experte Smutny. Die bestehende Finanzierung läuft für einen definierten Zeitraum auf variabler Basis indikatorgebunden weiter. Schon jetzt wird aber unter Berücksichtigung der vertragsgemäßen Tilgungsstruktur der Immobilienfinanzierung der Zinssatz beispielsweise ab Beginn 2020 fixiert. Gerade beim aktuellen Marktszenario, das in den nächsten Jahren deutlich höhere Zinsniveaus erwarten lässt, sei dieses Instrument des „Forwards“ eine prüfenswerte Variante, meint man bei Advicum. Allerdings: Forwards sind mit einer Gebühr verbunden, die durch Treasury Experten individuell berechnet wird.
Auf Nummer Sicher: Cap und Collar
Eine weitere derivative Möglichkeit, ein Sicherheitsnetz bei seiner variabel konditionierten Immobilienfinanzierung einzuziehen, ist die Einbeziehung einer vorweg definierten Zinsobergrenze. Der für den Kunden entscheidende Außenzinssatz bewegt sich entlang der veränderlichen Zinskurve. Wird aber ein definierter Schwellenwert erreicht („Cap“), wird der zur Verrechnung kommende Zinssatz auf diesem Niveau quasi eingefroren. Der Nutzer, der diesen „Sicherheitsgurt“ anwendet, erkauft sich die Sicherheit mit der Bezahlung einer sogenannten Cap-Prämie.
Kostenneutral könne man sich schließlich mit dem „Zero-Cost-Collar“, einer speziellen Form des Caps, gegen ungünstige Zinsentwicklungen absichern. Dabei wird für die Immobilienfinanzierung ein „Zinsband“ definiert. Steigen die Zinsen über den oberen Schwellenwert, wird der Außenzinssatz auf diesem Niveau eingefroren. Sinken hingegen die Zinsen (im derzeitigen Marktumfeld eher unwahrscheinlich), fällt der Zinssatz nicht unter den unteren Schwellenwert. „Die dahinter liegenden Derivate sind dabei so bemessen, dass sich die Kosten des oberen und unteren Derivates neutralisieren und für den Immobilienbestandhalter keine gesonderte Prämie zu entrichten ist“, erklärt Smutny.
Siehe auch: medianet.at