Mitarbeiterbeteiligung im deutschsprachigen Raum – ein aufstrebendes Konzept
Das Konzept der Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmen gewinnt in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum zunehmend an Bedeutung und ist mittlerweile aus dem breiten Pool der materiellen Mitarbeiteranreizsysteme nicht mehr wegzudenken. Sowohl in Deutschland, als auch in Österreich beteiligt bereits jedes zehnte Unternehmen seine Mitarbeiter in verschiedenen Varianten – Tendenz steigend.
Die verschiedenen Facetten der Mitarbeiterbeteiligung
Grundlegend unterscheidet man bei der Mitarbeiterbeteiligung zwischen zwei Formen: Die immaterielle und die materielle Mitarbeiterbeteiligung. Während die immaterielle Variante weitestgehend nur das Einräumen von erweiterten Mitspracherechten umfasst, kann die materielle Beteiligung wiederum in zwei Ausprägungen unterteilt werden: Die Mitarbeitererfolgsbeteiligung und die Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
Erfolgsbeteiligung – die bewährte und am weitesten verbreitete Form der Mitarbeiterbeteiligung
Eine Erfolgsbeteiligung wird regelmäßig eingesetzt um die Mitarbeiter zwar am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen, ihnen jedoch keine weiteren Rechte in Form einer Gesellschafterstellung einzuräumen. Zu beachten ist, dass diese Form der Mitarbeiterbeteiligung einem zusätzlichen Einkommen gleichkommt und somit einkommenssteuer- und sozialversicherungspflichtig ist. Die Erfolgsbeteiligung kann prinzipiell an verschiedene Kriterien, wie die Leistung, den Ertrag oder an den Gewinn geknüpft sein, wobei die letztgenannte Variante die klassische und damit auch die am häufigsten angewandte Form ist. In der Regel wird die Erfolgsbeteiligung dabei an den ausgewiesenen Bilanzgewinn gekoppelt.
Eigen- versus Fremdkapitalbeteiligung
Eine Kapitalbeteiligung kann grundsätzlich über das Eigen- oder das Fremdkapital erfolgen. Eine Beteiligung über das Eigenkapital wird typischerweise über GmbH-Anteile oder über AG-Belegschaftsaktien realisiert, wodurch der Mitarbeiter zu einem Gesellschafter an seinem Arbeitgeber wird. Zu den wichtigsten Argumenten, die für eine Beteiligung im Eigenkapital sprechen, zählt zum einen die steigende mentale Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen, andererseits kann aus bilanzieller Sicht die Eigenkapitalquote des Unternehmens merklich verbessert werden. Eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung über das Fremdkapital wird typischerweise als Mitarbeiterdarlehen konzipiert, wofür dem Mitarbeiter in der Regel eine Verzinsung auf das hinterlassene Kapital zusteht. Oft wird dieses Modell auf Grund seiner geringen Komplexität und seiner rechtsformunabhängigen Anwendungsmöglichkeit als Einstiegsmodell für die Mitarbeiterbeteiligung gewählt. Des Weiteren können sogenannte mezzanine Beteiligungsformen angewendet werden, die bilanziell nicht eindeutig dem Eigen- oder Fremdkapital zuordenbar sind. Damit die mezzanine Beteiligung dem Eigenkapital zugerechnet werden kann, muss sie neben einer Gewinnbeteiligung auch eine Verlustbeteiligung für den Fall eines negativen Jahresabschlusses vorsehen, zumindest für fünf Jahre gewährt werden und in der Haftungsposition über einen qualifizierten Rangrücktritt auf dieselbe Stufe wie das Stammkapital gestellt werden. Die zwei am Weitesten verbreiteten Formen der mezzaninen Kapitalbeteiligung stellen dabei die stille Beteiligung und Genussscheine dar.
Mit einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung geht eine gewisse Haftung der Mitarbeiter einher, da sie zu Gesellschaftern am eigenen Unternehmen werden. Im Falle einer Beteiligung am Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft, haften die Mitarbeiter bis zur Höhe ihrer Einlage. Demgegenüber entsteht bei einer Beteiligung über das Fremdkapital keine persönliche Haftung.
Sonderformen
Zusätzlich zu den beiden „großen“ Ausprägungen der Mitarbeiterbeteiligung kann auch noch eine sogenannte Wertzuwachsbeteiligung, auch Investivbeteiligung genannt, eingesetzt werden. Darunter versteht man eine Kombination der beiden Typen durch das vorübergehende Einbehalten von Teilen der Mitarbeitervergütung durch den Arbeitgeber. Faktisch wird dabei ein Anteil der Erfolgsbeteiligung einbehalten und zu einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung umgewandelt. Der Hauptzweck dieser Form der Mitarbeiterbeteiligung liegt darin die Liquidität des Unternehmens hoch zu halten und die Auszahlung zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt durchzuführen.
Ein in der Praxis längst bewährtes Modell
Wie eingangs erwähnt, hat sich das Konzept seine Mitarbeiter zu beteiligen in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum zunehmend durchgesetzt. Rund 10% der Unternehmen in Deutschland und Österreich wenden bereits Beteiligungssysteme an, wobei die Gewinnbeteiligung deutlich stärker verbreitet ist als die Kapitalbeteiligung. Dabei sind der konkreten Ausgestaltung der Mitarbeiterbeteiligung in der Praxis keine Grenzen gesetzt.
Ein Vorreiter der Mitarbeiterbeteiligung ist beispielsweise der österreichische Stahlerzeuger voestalpine AG, der bereits seit dem Jahr 2000 auf dieses Konzept setzt. Seither wurde das Konzept einige Male rearrangiert und umfasst heute knapp 25.000 beteiligte Mitarbeiter im In- und Ausland, welche kumuliert einen Stimmrechtsanteil von 14,5% genießen. Das Innovative und somit Besondere am Modell der voestalpine ist hierbei, dass es europaweit das einzige Modell ist, das die Stimmen der Aktionäre trotz individuellem Besitz gebündelt werden.
Einen etwas anderen Ansatz der Kapitalbeteiligung verfolgt die Siemens AG, die Mitarbeitern pro drei erworbener Aktien nach einer Haltefrist von drei Jahren eine weitere Aktie gratis überlässt. Dieses Modell basiert auf zwei Konzepten, in denen die Mitarbeiter einen gewissen Teil ihrer grundlegenden Vergütung in Aktien des Unternehmens investieren können. Derzeit sind bereits über 50% der Belegschaft am eigenen Unternehmen beteiligt, wobei die Tendenz hier steigend ist, und halten dabei über 5% des Grundkapitals, dieser Anteil soll hierbei aber weiter aufgestockt werden.
Ein System der Zukunft
Basierend auf den genannten Ausführungen über den Erfolg der Mitarbeiterbeteiligung in der Praxis kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dies ein sehr zukunftsträchtiges Konzept ist. Auch weil das Anreizsystem der Mitarbeiterbeteiligung in anderen Staaten viel weiter fortgeschritten ist als im deutschsprachigen Raum, wird der Druck für Unternehmen in diesem Bereich nachziehen zu müssen immer größer, um nicht zu riskieren hochqualifizierte Mitarbeiter ins Ausland zu verlieren. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber diese Risiken erkennt, und daher die Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren zunehmend anpasst, um die Einführung von Mitarbeiterbeteiligungssystemen für Unternehmen attraktiver zu gestalten. Des Weiteren stellt diese Form der Kapitalbeschaffung in Zeiten von Unsicherheit und Zinsschwankungen eine solide und risikoarme Variante dar um die Finanzkraft des Unternehmens zu stärken und Mitarbeiter somit zu „Mitunternehmern“ zu machen.
Fazit
Die Mitarbeiterbeteiligung ist längst zu einem festen Bestandteil unter den Anreizsystemen für Mitarbeiter im deutschsprachigen Raum geworden. Die konkrete Ausgestaltung der diversen Facetten dieses Systems obliegt dem Unternehmen, wobei hier die verschiedensten Varianten denkbar sind. Das System wird in Zukunft durch seine Bewährtheit in der Praxis sowie durch den zunehmenden Druck durch die Anwendung in anderen Staaten noch stärkere Bedeutung erlangen und sollte in den Köpfen aller Entscheidungsträger fest verankert sein. Schließlich führt die Einführung einer Mitarbeiterbeteiligung auch zu einem Mehrwert für beide Seiten: Mitarbeiter und Unternehmen.